Reise ins Unbekannte

(Eine Rückblende aus 1998)

 

Am frühen Morgen des 14. Juni 1998 galt in Zalaegerszeg allgemeiner Aufbruch für einen Omnibus voller Zrínyi-Schüler in Richtung Rockenhausen. Unsere Partnerschule befindet sich nämlich in dieser hübschen nordpfälzischen deutschen Kleinstadt. Gegen 10 Uhr abends landeten wir dann endlich an unserem Zielort. Obwohl im Autobus nicht abzuschätzende Angstzustände herrschten, sahen wir mit leuchtenden Augen der Begegnung mit unseren funkelnagelneuen „Gasteltern” und „Austauschschwestern bzw. -brüdern” entgegen. Für manche hatte die Zuordnung der Partner unverhofft guten Ausgang, denn sie durften gemischte Paare bilden. Im Anschluß an gegenseitige Vorstellungen folgte im neuen Familienkreis eine ausgiebige Kostprobe deutscher Kochkunst. Nachdem man sich häuslich eingerichtet hatte, konnte jeder gelassen und entspannnt zu Bett gehen.

Mit dem angebrochenen neuen Tag begann für uns nicht nur eine neue Woche, sondern uns versprachen sich auch unzählige Erlebnisse zu erschließen. Zunächst besuchten wir die Realschule in Rockenhausen, wo wir in Begleitung unserer Partnerschüler ein bißchen in den Strudel deutscher Bildung hineinschnuppern durften. Anschließend wurden wir vom Direktor der Realschule begrüßt. Der Begrüßung folgte ein kleiner Stadtrundgang, und wir „bestiegen” mit unserem Bus den Donnersberg, den höchsten Punkt in nah und fern. Mit dieser kleinen Überlandfahrt endete unser gemeinsames Montagsprogramm. Bis zum nächsten Tag sagten wir uns Lebewohl, und jeder verbrachte den Nachmittag mit seiner Gastfamilie.

Am Dienstag hatten wir schon ein viel bewegteres Programm. Nach kurzer Busfahrt erreichten wir unsere erste Station, Bad Kreuznach, wo wir mit einer kleinen Fähre auf abenteuerhafte Weise ans andere Ufer übersetzten, um mit mühseliger Anstrengung den Felsen Rheingrafenstein besteigen zu können. Der Nachmittag gewährte uns Einblick in das Deutschland von gestern. Wir besichtigten nämlich das rheinland-pfälzische Freilichtmuseum bei Bad Sobernheim. Alte Wohnhäuser, eine Schule, Werkzeuge und sogar Spielzeuge konnten wir in sehr gut erhaltenem Zustand bestaunen.

Der Mittwoch war einem Besuch der BASF, der größten Chemiefabrik von Deutschland,  in Ludwigshafen gewidmet. Wir verbrachten den ganzen Tag auf dem Werksgelände. Müde von den vielen Informationen kehrten wir alle heim. Wir konnten aus der Werksbesichtigung jedoch eine wichtige Lehre ziehen: durch die Industrieproduktion muß unsere Umwelt nicht unbedingt zerstört werden. Es gibt auch einen anderen, obschon viel aufwendigeren und verantwortungsvolleren Weg.

Am nächsten Morgen fuhren wir in der gewohnten Zeit, um 8 Uhr nach Bacharach los, wo wir uns einschifften. Eine zweistündige Schiffahrt erwartete uns auf dem Rhein. Die Landschaft war wunderschön. Wir fuhren mit einer Seilbahn zum Niederwalddenkmal hinauf. Ein unvergeßlicher Blick tat sich vor uns auf das Rheintal auf. An diesem Abend kamen wir recht spät in Rockenhausen an und wurden um 8 Uhr von unseren Gasteltern an der Realschule abgeholt.

Der Freitag war für uns alle sehr wichtig, da an diesem Tag der berühmte Holiday Park in Haßloch auf dem Programm stand. Hier wurden uns unzählige Erlebnisse zuteil. Einige lieferten sich im Free Fall Tower den ersten Schock, um sich dann gemütlich im Superwirbel, in den Teufelfässern oder im Donnerfluß von den Strapazen zu erholen. Andere befriedigten jedoch lediglich in sanften Karussells ihre Abenteuerlust. Nicht nur die Jugend amüsierte sich prächtig, auch unsere Lehrer bemühten sich eifrig, ihren Mut zu beweisen. Ein bißchen traurig machten wir uns auf den Weg nach Hause.

Das Wochenende verbrachten wir im Familienkreis. Wegen der Hitze zogen viele in ein Freibad, andere gestalteten das Programm individuell. Die zwei Tage boten reichlich Möglichkeiten zur Erholung, und mit frischer Kraft bereichert sahen wir dem anstrengenden, jedoch vielversprechenden Montag entgegen. Wir besichtigten in Idar-Oberstein eine Edelsteinmine, das einzige Edelstein-Besucherbergwerk Europas. Anschließend folgte ein gemeinsames Mittagessen, und am Nachmittag hatten wir noch die Möglichkeit, in einer Schleife die Kunstgriffe der Edelsteinbearbeitung zu bewundern. Nach den Sehenswürdigkeiten (Edelsteinmuseum und Felsenkirche) verbrachten wir den Abend wie gewöhnlich mit unseren Familien. Nach dem Adressenaustausch, denn am nächsten Tag mußten wir von unseren neuen Freunden Abschied nehmen, gingen wir etwas traurig zu Bett. Die 10 Tage sind zu schnell vergangen.

Die Rückfahrt war am Sonntag um 7 Uhr frühmorgens geplant. Uns erwartete unterwegs jedoch noch vieles. Wir besichtigten in Speyer den Dom, die alte Grabstätte der Salier. In München, an unserer letzten Station, konnten nach der Stadtbesichtigung noch alle reichlich einkaufen. Der Austausch endete mit diesem langen erlebnisreichen Tag. Den Rest der Strecke mußten wir nachts zurücklegen. Wir näherten uns allmählich unserer Heimat, und wenige Kilometer vor unserer Ankunft stand das Stimmungsbarometer bereits auf dem Höhepunkt. Nach dem erlebnisreichen Aufenthalt in Deutschland kam die Zeit der wohlverdienten Entspannung, denn bei uns haben schon die Sommerferien begonnen.

Vielen Dank Rockenhausen, vielen Dank Deutschland, und Auf Wiedersehen im Herbst in Zalaegerszeg!

Und Ihr, die diesmal zu Hause geblieben seid, wir hoffen, daß im nächsten Jahr auch Ihr mitkommt. Es lohnt sich... Tschüß!

 

Ein Reisebericht von Adél Korcsmáros & Judit Németh

Deutscher Text: István Lõrincz

Lektor: Volker Rauch